Bin gern Soldat, bin selber Schuld (Meine Erlebnisse von November 1964 bis 1989 (Sold, Uffz, Offz, Reservist

  • Seite 2 von 2
06.05.2025 19:46
#21
avatar
Mitglied

Die Offizierswertung und andere Begebenheiten im AB-4

Der normale Dienstbetrieb war ja nicht besonders aufregend. Neben der Gerätelehre und den Funkbetriebsdienst für die Fernaufklärer, sowie die „nachrichtentechnische“ Ausbildung meines Zuges, hatte ja geschrieben was so alles Technik vorhanden war, gab es nur noch den Politunterricht. Immerhin gab es 2 „Ausreißer Themen“, die da waren vom Sinn des Soldatseins für die Neuankömmlinge und die Heimatkunde für die zur Entlassung stehenden Angehörigen. Diesen Unterricht war das Privileg des ONa als ZF hatte ich die restlichen 16 Themen zu gestalten. 5 Tage eines Monats wurde da als Zeit eingeplant. 3 Tage die Vorbereitung von den Schulungsleitern (das waren die KCs und ZF, sowie die Oberoffiziere) mit den Vorlagen zur Gesprächsführung und den Heften Wissen und Kämpfen. Das war tatsächlich ein Kampf. Hatte doch die Masse der „Schulungsdurführenden“ kaum Kontakte zu der realen Welt, aus dem die Wehrpflichtigen gekommen sind, zumal ja die Argumentation von Westfernsehen und Radio nicht aktuell behandelt wurde. Man hat sich also als Schulungsleiter so über die 2 Tage mit allem möglichen gerettet.
In der eigentlichen Ausbildung und Wartung konnte da man vieles gutmachen. Hier gewann man die Achtung, die man zur Erfüllung der gestellten Aufgaben brauchte.
Höhepunkte waren da die Parktage und die Vorbereitung auf die Nutzungsperiode.
Persönlich hatte ich im Neuererwesen einige Höhepunkte. So wurde das Training mit dem MZG so verbessert, dass die Treffer auf der Zielscheibe nicht an dem kleinen Schaubild abgelesen werden konnten, sondern der Zielkörper, auch wenn getroffen abklappte. Bei einer „höheren Stufe der Gefechtsbereitschaft“ oder einfach halber ALARM genannt, mussten die Trupps ihre Funkunterlagen beim OvD in Empfang nehmen, mit Vorlage der Berechtigung und anschließenden Überprüfung der einzelnen Dokumente. Zeitaufwand ca. 3 bis 5 Minuten, wenn alles glattging. Eine parallele Arbeit war nicht möglich. Die Chifrierstelle hatte gerade neue Arbeitsmappen bekommen und die alten wurde aussortiert. Habe ich mir doch gleich eine Anzahl der aussortierten sichergestellt. Die Mappen wurden mit dem Funkstellennamen und einer Ziffernfolge markiert, alle zur Arbeit im Gelände notwendigen Unterlagen bestückt und geordnet an den OvD übergeben. Die Truppführer hatten jetzt neben ihrer Waffenempfangskarte noch die Karte für die Funkunterlagen bei sich zu haben. Vor der Einlagerung der Mappen wurde sie auf Vollzähligkeit überprüft und von mir bzw. dem ONa versiegelt. Beim Alarm war jetzt nur noch die Karte abzugeben und die Versieglung zu prüfen. Die Zeiteinsparung war ungeheuerlich. Für die Beteiligten an solchen Neuerervorhaben gab es dann sogar eine Erfolgsprämie und „Pluspunkt“ im sozialistischen Wettbewerb.
Ich muss feststellen, dass in den Jahren meiner Zugehörigkeit zum AB-4 kein Alarm mit dem Ausrücken in einen Bereitstellungsraum erfolgte. Allerdings wurde die R-118BM3A in der Kaserne einmal richtig entfaltet. Es wurde ein OAT (Offiziers-Aufklärungs-Trupp) gebildet. Ich wurde als Nachrichtenmensch dazu befohlen und hatte mit der FAG-Nachrichtentechnik mich auf einem Platz einzufinden. Dort wartete ein Hubschrauber (MI-21) auf uns einsteigen und abging die Post. Wohin, natürlich geheim. Ernst oder Spaß natürlich nur eine Gefechtseinlage zum Training. Irgendwann ging der Hubschrauber in die Standschwebe. Könnte so bei 2 m Höhe gewesen sein und raus aus dem Fluggerät, Laufschritt bis zum Waldrand. Alles sammeln. Der KC der FAKp hat uns kurz in die folgende Aufgabe eingewiesen. Für mich hieß das Funkgerät zum Absetzen eines Funkspruchs fertigmachen. Empfänger einschalte, auf die vorgegebene Frequenz gehen und hören, was da so gesendet wurde. Nebenbei bekam ich die Aufklärungsergebnisse vom KC und codierte sie mit den entsprechenden Unterlagen. Der „Sendefilm“ wurde erstellt und alles so weit vorbereite, dass ich den Spruch absetzen konnte. Da kam auch der Spruch von meiner 118, mit der Sendefrequenz decodieren, Quarz einsetzen, Film einlegen und alles 2-mal senden. Hatte es geklappt? Das war fürs Erste ungewiss. Mit einem LKW wurden wir dann eingesammelt und sind zurückgebracht worden. Ja, es hatte alles so geklappt wie vorgesehen. Da konnte es ja Belobigungen geben.
Schmerzlich war für mich das Ende einer Übung im Januar 69. Hatte ich mich doch sehr stark erkältet. Das Wasser war in meinen Kampfanzug eingedrungen, ohne dass ich es bemerkte. Dadurch zog ich mir eine Nebenhodenentzündung vom Feinsten zu. Ich konnte weder sitzen noch stehen und der SC kam in mein Dienstzimmer und verlangte irgendeinen sinnlosen Bericht. Ich erwiderte, ich kann nicht, mir tut alles weh. Er untermauerte seine Forderung mit der Aussicht auf Bestrafung. Ich antwortete „Raus aus meinem Dienstzimmer“. Ich glaube, das mein Zimmerschlüssel dabei vom Tisch fiel. Daraufhin befahl er mir zu folgen. Langsam folgte ich ihm. Raus aus dem Gebäude und rein in das Stabsgebäude der Division. Im Vorzimmer des Kommandeurs angekommen verlangte er sofort den Kommandeur zu sprechen. Die Sekretärin wollte wissen, warum. Kurze Erklärung von ihm und ihre Antwort, deswegen wollen sie den Kommandeur sprechen, das geht nicht. Klären sie es in ihrer Einheit und schicken sie den Gen. Ltn. zum Arzt.
Durch meinen DN-Dienst war ich ja der Sekretärin hinreichend bekannt und der SC des ABs. auch, aber mit unterschiedlichen Vorzeichen. Er hatte einen wesentlich schlechteren Ruf. Der Arztgang brachte mir sofort eine Einweisung in das AL-4 nach Gotha ein. Na toll. Ich wurde wie ein Geschlechtskranker behandelt, mit allen damaligen Untersuchungen und Behandlungen. Muss aber eingestehen, die Behandlung hat geholfen.



FuAB-21/NB-4/AB-4/MSR-24/OHS S08/Rentner

Jedes Ding hat drei Seiten: mein, deine und die der Tatsachen.


 Antworten

 Beitrag melden
08.05.2025 17:59
#22
avatar
Mitglied

Weihnachten und die Folgen im AB-4
Weihnachten im Bataillon oder Silvester, das war die Frage. Ich hatte natürlich Weihnachten gezogen, da der ONa bei seiner Familie sein wollte. Lasst uns die Feierlichkeiten beginnen. Der Klub war eingerichtet, die Kaffeemaschine lief auf Hochtouren, von der Küche kamen die Weihnachtsteller und der Stollen. Ich hatte von den Familien und den Freundinnen die Weihnachtspost bekommen und nach der festlichen Ansprache wurden die „Geschenke“ ausgegeben. Das lustig-fröhliche Beisammensein begann erstmal recht ruhig. Eine Flasche Bier und ein Topf mit Weihnachtspunsch waren genehmigt. Soll ich jetzt erstaunt sein oder nicht, die Zugangehörigen hatten noch etwas in den Weihnachtspunsch getan, das so nicht den allgemeinen Vorgaben entsprach. Ein Truppführer kam zu mir und meldete, dass ein Mitglied seiner Besatzung leblos im Bett liege. Na schön, zu Weihnachten so ein Zwischenfall. Also schnell auf die Stube und nachgesehen was da los ist. Den Truppführer habe ich zum Med. Punkt geschickt einen Sani zu holen und zu berichten, wie er wen vorgefunden hat. Der Soldat war tatsächlich nicht ansprechbar, Puls und flache Atmung waren noch vorhanden. Der Sani kam und brachte ein Riechstäbchen mit, zerbrach es und hielt es dem Soldaten unter die Nase. Keine sichtbare Reaktion. OvD verständigt und einen Arzt gerufen (musste ja erst von zu Hause geholt werden). Mit dem zweiten Riechstäbchen kam aber dann die erste positive Reaktion. Der Doktor hat dann eine schwere Alkoholvergiftung festgestellt und den Soldaten unmittelbar in das AL-4 nach Gotha überstellt.
Was war passiert. Der Soldat hatte ohne mein Wissen einen Abschiedsbrief seiner Verlobten erhalten und daraufhin Cola mit Alkohol (Prima Sprit) getrunken, um sich das Leben zu nehmen. Dank der schnellen Behandlung und der Information durch den Truppführer konnte das verhindert werden. Allerdings hatte der Soldat sich irgendwie eine „Gelbsucht“ eingefangen und ich hatte mich dabei infiziert. Im neuen Jahr hatte ich dann die Auswirkungen bei mir zu verzeichnen

Gelbsucht mit Folgen
Und wieder war Februar, das Mittagessen bei Schwiegermutter hat nicht geschmeckt, Thüringer Klöße mit Braten und Rosenkohl (mein Leibgericht). Alles wieder raus aus dem Körper. Also schnell zum Dorfarzt um mir Linderung zu holen, da auch die Hausmittel versagte. Das Wartezimmer war gut gefüllt. Ich bat darum, schnell vorgelassen zu werden. Die Reaktion der Mitkranken, wir müssen auch warten. Als ich dann an der Reihe war und das Arztzimmer betrat, kam ein schallendes Lachen mir entgegen und die Frage seit wann ich im Warteraum gesessen habe. Die Anweisung für die Schwester alle heute behandelten zur Impfung gegen Gelbsucht einbestellen. Ich wurde unmittelbar zur Einweisung nach Bad Langensalza vorbereitet. Dazu musste aber die Dienststelle das Einverständnis erst geben, das AL-4 wollte mich nicht haben, als ab nach Langensalza.
Anschließend habe ich noch einen Kuraufenthalt in Kurheim Benneckenstein bekommen. Erst einmal für 3 Wochen, war nicht schlecht, bis auf die Schonkost. Wir wurden als Schonkostler mit den Übergewichtigen separat verpflegt. Da gab es gelegentlich neidische Blicke und gelegentlich auch mal was zusätzlich für die andre Fraktion.
In Benneckenstein durften wir nur von 8 Uhr bis 19 Uhr das Haus verlassen, da der BGS mit einer Alouette von Braunlage nach Hohe Geis flog und Aufnahmen von dem Genesungsheim machte. Für die Dauer des Aufenthaltes wurde ausdrücklich Zivil angeordnet. Ich freundete mich mit dem Kulturleiter des Heimes an. Nach meine 3 Wochen bekam ich nochmal 4 Wochen Verlängerung und habe während der Zeit den Kulturleiter im Urlaub vertreten. Hatte ich doch die Berechtigung für großes Kino (A-Schein) und konnte somit die Kinoanlage bedienen. Der Harz selber war mir ja auch sehr bekannt und so wurde ich auch „Reiseleiter“ für die organisierten Busausflüge. Nach 7 Wochen intensiver Pflege wurde ich nach Erfurt entlassen, mit dem Hinweis noch wenigstens 2 Monate Schonkost einzuhalten.
In Erfurt ereilte mich dann das Dienstgeschehen mit Übungseinlagen und Schonkost. Hatte ich mir doch für 10 Tage meine Verpflegung selber zusammengestellt und in einer Kiste verpackt. Der RD hatte mich zwar voll in die Verpflegung eingeplant, aber ich habe nicht daran teilgenommen. So bekam ich nach vielem Hin und Her auch mein Verpflegungsgeld für die Übung ausbezahlt.



FuAB-21/NB-4/AB-4/MSR-24/OHS S08/Rentner

Jedes Ding hat drei Seiten: mein, deine und die der Tatsachen.


 Antworten

 Beitrag melden
08.05.2025 18:01
#23
avatar
Mitglied

Neu Technik mit Hindernissen
Einen der nächsten Höhepunkte war die Übergabe neuer Technik. In Vorbereitung dazu wurde in Zeithain eine Unterweisung zur Nutzung organisiert. Es sollte die Technik auch übergeben und übernommen werden. Der ONa, ein Reservist und ich wurden dazu mit einem PKW nach Zeit Hain befördert. Ich hatte darum gebeten bis zum 27.2. wieder in Erfurt zu sein, da meine Schwester heiratete. Das geht klar, sie fahren dann mir dem PKW zurück war die Antwort von SC. Die Ansage wurde nicht erfüllt. Ich wurde als Verantwortlicher für 2 SPW 40P2 UM bestimmt (vom ONa) und hatte den Bahntransport nach Erfurt durchführen. Na ja bis zum 27. sind ja noch 3 Tage und Zeithain bis Erfurt ist ja auch nicht die Strecke. Bis zum 26. Früh lief nichts und keiner konnte mir sagen wie weiter. Bin also bei der Bahnhofskommandantur gewesen und habe mich erkundigt. Der Hinweis, wenn wir etwas haben, hängen wir sie an den Zug dran, war zu unkonkret. Ich habe dann in Erfurt bei der Kommandantur angerufen, mein DN-Wissen half mir dabei, und gebeten im AB anzurufen, um die Freigabe zur Straßenverlegung zu bekommen. 30 Min. später war die Antwort da und ich konnte mit den SPWs verlegen. Nächte Tankstelle, die Benzinbehälter voll machen, Marschbefehl verlesen mit allen notwendigen Informationen und ab auf die Strecke.
Wir sind dann bis zur Abfahrt Haarberg (bei Erfurt), da erwartete mich ein aufgeregter TA des Bataillons mit einem P3. Anweisung, sofort hinter mir herfahren. Ich wollte ja auch dorthin. Ankunft im AB und keine Begrüßung, sondern stehenden Fußes 3 Tage Kasernenarrest vom neuen Kommandeur, mit dem Hinweis mich stündlich beim OvD zu melden, damit ich nicht die Kaserne unerlaubt verlasse. Der Kasernenausweis wurde nicht eingezogen. Das war das Ende einer Dienstfahrt ohne meine Aussage zu dem warum und wieso.
Polterabend war gelaufen, Hochzeit auch und mein Geburtstag alles Geschichte. Der 1. März war mir dabei sowieso egal. Ich hatte aber nicht mit meiner Familie gerechnet.
War gerade beim Abendbrot, da kam der Kommandeur ins Zimmer und schickte mich nach Hause, mit den Worten morgen 7 Uhr melden sie sich bei mir. Gesagt, getan, schönen Polterabend gefeiert, meine Geschichte zu Hause erzählt und die Reaktion der Kdrs ebenfalls. Nächsten Morgen gemeldet wie befohlen und den Arrest weiter ausgeführt. Da kam der Kdr schon wieder zu mir und hob den Tag meines Arrestes auf, wieder mit dem Hinweis mich morgen früh 7 Uhr zurückzumelden. Hier begann das Spiel von vorne.
Am 3. Tag, meinem Geburtstag wurde ich mit den Worten begrüßt, ich gratulieren ihnen nicht zum Geburtstag, der Arrest ist gestrichen, aber sagen sie mir was für Verwandtschaft ist der Oberst. Er ist der Studiengenosse vom SC und STKPA der Division und hat da nur die Frage nach der Sachlage gestellt. Es tut mir leid, wenn ihnen das unangenehm war. Ich hatte ja keine Möglichkeit, mich zu rechtfertigen. Ich hatte tatsächlich eine reine BB-Kartei. Aber das Vertrauen zum Kommandeur und dem Stabschef war gebrochen.



FuAB-21/NB-4/AB-4/MSR-24/OHS S08/Rentner

Jedes Ding hat drei Seiten: mein, deine und die der Tatsachen.


 Antworten

 Beitrag melden
08.05.2025 21:58
#24
avatar
Mitglied

Tja, was halt viele, besonders "liebe Vorgesetzte", nie so richtig begriffen, daß man als "Neuer" nun auch nicht gerade im luftleeren Raum lebte... , mußte auch ein "römischer Gott" feststellen ....

Es liegt in der menschlichen Natur, daß man von jeder Einrichtung die Dornen stärker empfindet als die Rosen.

Otto Eduard Leopold Fürst von Bismarck (1815 - 1898), preußisch-deutscher Staatsmann und 1. Reichskanzler

 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!
Forenspende
Hallo !

Wir hoffen, dass dir unser Forum gefällt und du dich hier genauso wohlfühlst wie wir.

Wenn du uns bei der Erhaltung des Forums unterstützen möchtest, kannst du mit Hilfe einer kleinen Spende dazu beitragen, den weiteren Betrieb zu finanzieren.

Deine Spende hilft!

Spendenziel: 200€
77%